Milos und das gewisse Etwas

© Sivan Askayo
© Sivan Askayo

Auf der vulkanischen Kykladen-Insel hat man die Ruhe weg, genießt bestes griechisches Essen, (sonnen-)badet in versteckten Buchten und erlebt ein buntes, ziemlich kreatives Völkchen. Schöööön!

Ein Läuten hallt durch die engen Gassen. Der Wind trägt den Klang der Kirchenglocken in jeden Winkel. Es ist das einzige Geräusch an diesem Nachmittag in Plaka. Der Ort wirkt wie ausgestorben. Nur ein paar ältere Herren sitzen auf einer Bank. Ihre Krawatten sind perfekt gebunden, die Hemdsärmel gebügelt. Stumm bewachen sie die spätsommerliche Idylle: üppig bepflanzte Blumentöpfe, schneeweiße Häuserwände, Wäsche, die im Wind weht. Weit unten schäumt die Ägäis und schlägt in Wellen an die aus gefranste Küste. Doch das Tosen und Rauschen des Meeres kann man hier oben nur erahnen. Willkommen auf Milos, eine der ungewöhnlichsten Inseln, die Griechenland zu bieten hat. Hier kann man sowohl an weißen als auch an schwarzen Stränden liegen, in alte Katakomben kriechen, die hügelige Landschaft und enge Treppengassen erklimmen, jede Menge Ruhe tanken und Einheimische treffen, die ihre kreative Ader entdeckt haben. Danach kehrt man in einer der zahlreichen Tavernen ein und gönnt sich fangfrischen Fisch nebst einer Riesenportion griechischem Salat. Milos gehört zu den Kykladen, einer Inselgruppe in der südlichen Ägäis. Mit 161 Quadratkilometern ist das Eiland etwa anderthalbmal so groß wie Sylt. Auf der Karte sieht es aus wie ein Hufeisen, das etwas aus der Form gelaufen ist: gezackte Klippen und dramatische Felsen entlang der Küste, in der Mitte eine riesige, kreisrunde Bucht mit kleinen Hafendörfern.

Zurück nach Plaka. Kaum ist der letzte Glockenton verhallt, erwacht der Ort filmreif zum Leben: Fensterläden werden aufgestoßen und Tische samt Stühlen in die Gassen gehievt. Eine Frau jongliert ein Tablett Richtung Tisch. Darauf eine Tasse tiefschwarzer Kaffee und ein großes Stück Karpouzopita, ein klebrig-fruchtiger Kuchen aus Wassermelone, Mehl, Honig und Sesam. Wo jetzt nicht gegessen wird, fliegen Späne. Überall werkeln Künstler und Kreative in ihren Ateliers. Moschoula Mavrogianni etwa. Ihr Laden liegt in einer schmalen Gasse, neben der Tür hängen Schaukästen mit bunten Ketten. Das Herzstück ihrer Arbeit sind kleine Repliken der "Venus von Milos". Das Original, die weltberühmte, armlose Aphrodite-Skulptur, wurde 1820 auf Milos gefunden. Der Bauer Georgias Kentrotas fand sie durch Zufall, als er nach Baumaterial suchte und dabei auf Marmor stieß. Die halb nackte Göttin wurde dann nach Paris verfrachtet, wo sie seitdem im Louvre steht. Der Sensationsfund macht die Inselbewohner bis heute stolz. Auch Mavrogianni ist von der Statue inspiriert. Ihre 20 bis 40 Zentimeter großen Miniaturen sind kunterbunt, mal tragen sie Flügel, mal einen aufgemalten Badeanzug, andere sind mit Papier beklebt. "Ich habe kein Kunststudium absolviert, sondern folge einfach meinem Herzen", sagt Mavrogianni. "Ich glaube, jeder Mensch hat das Potenzial zum Künstler." Joseph Beuys lässt grüßen! Asteris Paplomatas zählt auch zu der Riege der Inselkünstler. Er arbeitet mit Sand. Davon gibt es auf der Insel schließlich reichlich.

Die vollständige Reportage finden Sie im Lonely Planet Traveller Magazin, Ausgabe November 2015. 

Zum Magazin

Text: Duncan Craig, Deutsche Bearbeitung: Alina Halbe, Fotos: Sivan Askayo

Das Wichtigste

Hinkommen

Ab Frankfurt a. M. geht es mit Lufthansa oder Aegean Airlines zuerst nach Athen (lufthansa.com, aegeanair.com) Auch von Zürich fliegt man mit Swiss (swiss.com) bis Athen, von Wien mit Austrian (austrian.com). Von dort bringt Sie Olympic Air nach Milos (olympicair.com).

Herumkommen

Um die Insel flexibel erkunden zu können, braucht man einen Mietwagen. Die Anbieter Sixt und Europcar z. B. haben Filialen in Adamantas und Pollonia (ab ca. 30 € pro Tag, sixt.de, europcar.de).  

Touren

Der Veranstalter Athena Travel bietet ein- und mehrtägige Wander-, Rad-, Kulinarik- und Yoga-Trips mit Stationen quer über die Insel (athenatravel.gr). Auf der 20 Meter langen Segelyacht "Thalassitra" schippert man die Küste entlang (Tagestrip ab ca. 60 €, thalassitra.com).

Buchtipp

Im Lonely-Planet-Reiseführer "Griechenland" (26,99 €) gibt es ein Kapitel über Milos. Weitere aktuelle Infos bietet die offizielle Webseite visitgreece.gr.

Unterwegs auf Milos

  • Die Suiten im Kapetan Tasos in Pollonia sind hell eingerichtet. Auf der Terrasse blüht üppiges Grün, und ein Pool bietet Abkühlung (DZ ab ca. 79 €, kapetantasos.gr). 200 Meter entfernt liegen Meer und Hafen. Kosten Sie unterwegs bei Kostantakis Cave Winery ein Glas Wein (konstantakis.gr).
  • Der Strand von Sarakiniko sieht aus wie eine surreale Mondlandschaft mit weißen, glatten Felsen und türkisblauen Buchten. Als wäre das nicht kurios genug, ragt mitten aus dem Meer der Mast eines 2003 gestrandeten Tankers, der bis heute nicht geborgen wurde.
  • Piraten fanden früher in den Grotten und verwinkelten Felshängen bei Kleftiko Unterschlupf. Das Team von Milos Alternative erkundet die Höhlen mit Reisenden zu Fuß, per Kajak oder beim Schnorcheln (halbtägiger Trip ab ca. 30 €, milosalternative.com).
  • Im winzigen Ort Klima sieht es aus wie im Griechenland-Bilderbuch. Fischerhäuschen mit bunt gestrichenen Toren schmiegen sich direkt ans Ufer. In einigen kann man sogar übernachten. Zu den schönsten gehören die kleinen Häuser von Mimallis und Tsakanos (ab ca. 85 €, mimallis.gr, tsakanos.gr).
  • Der kleine Ort Triptik ist fast mit Plakat zusammengewachsen. Hier liegen die frühchristlichen Katakomben aus dem 1. bis 5. Jahrhundert n. Chr. (Eintritt 3 €, catacombs.gr). Bei Barriello wird danach griechischer Salat und geschmortes Lamm aufgetischt (Gerichte ab ca. 10 €, T. + 30 698 421 8360).
  • Zu den Highlights der Hauptstadt Plaka zählen die Milos Sand Gallery (gratis, mysand.gr), die die Werke des Geologen und Künstlers Asteris Paplomatas zeigt. Und die Ruinen einer Burg aus dem 13. Jahrhundert mit Panoramablick über die Insel, den Hafen bis hin zu den Nachbarinseln.
nach oben