Sitten und BräucheHändeschütteln, Küssen oder Verbeugen - Begrüßungsrituale weltweit

Reisende sollten die auf der Welt unterschiedlichen Begrüßungsrituale kennen, um nicht ins Fettnäpfchen zu treten. 

 

Zurzeit der Pandemie, die kontaktloses Begrüßen erfordert, sind die unterschiedlichen Begrüßungsrituale der Kulturen weltweit etwas eingeschränkt. Denn das Coronavirus lässt die Menschen derzeit auf vielen Teilen der Erde zur Begrüßung die Ellbogen oder Fußspitzen aneinanderstoßen oder nur aus der Distanz Hallo winken.

 

Damit das nach der Pandemie kein Dauerzustand bleibt, lohnt es sich, einen Blick auf die unterschiedlichen Begrüßungsrituale zu werfen und sie zu verinnerlichen. Wer in andere Kulturen reist, kann gerade mit der Begrüßung leicht ins Fettnäpfchen treten. Deshalb haben wir hier von der Verbeugung in Asien über das Reiben der Nase im Nahen Osten bis hin zu Wangenküssen einige der unterschiedlichen Grußrituale zusammengestellt.

 

Nasen berühren

Ob es in den Golfstaaten Khashm-Makh heißt oder von den Inuit in Kanada und Grönland Kunik genannt wird - sich mit den Nasen zu berühren ist in anderen Kulturen  eine bewährte Art, Hallo zu sagen. In Ländern wie Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten fordert es der Brauch der Beduinen, sich die Nasen zu reiben und gleichzeitig die Hände zu schütteln. Während der Kunik der Inuit diesem Ritual zu gleichen scheint, ist deren Begrüßungsformel in der Praxis etwas ganz anderes: Man beschnuppert sich im wahrsten Wortsinn dabei. Jemanden nicht nur gut leiden, sondern auch gut riechen zu können, kommt nicht von ungefähr.

 

"Inuit berühren sich nicht einfach von Nasenspitze zu Nasenspitze und reiben sie auch nicht aneinander", beschreibt der Schriftsteller, Künstler und Dichter Taqralik Partridge: "Sie berühren mit den Nasenlöchern sanft ihr Gegenüber und atmen leicht ein, wodurch Haut oder Haare des geliebten Menschen unmerklich gegen die eigene Nase und Oberlippe gesaugt werden."

 

Hongi, der traditionelle Gruß der neuseeländischen Māori, wird oft als einfaches Berühren der Nasen gedeutet, aber es steckt weitaus mehr dahinter. Beim Hongi fassen sich zwei Menschen an den Händen, legen Nasen und Stirn aneinander und teilen den Lebensatem. Das spirituelle Ritual ist tief in der Mythologie verwurzelt und setzt sich fort aus der Legende, der zufolge der Gott Tāne-nui-a-Rangi der ersten Frau Leben eingehaucht haben soll. Dieses Teilen des Atems ist "ein symbolisches Zeichen der Einheit zwischen zwei Menschen", erklärt Angus Hikairo Macfarlane, Professor für Māori-Forschung an der Universität von Canterbury.

 

Dieses Ritual ist in Zeiten des weltweit grassierenden Covid-19 Virus problematisch. Tatsächlich wird auf den Hongi seit Beginn der Pandemie auf Empfehlung der neuseeländischen Premierministerin von mindestens einem Stamm der Ureinwohner Neuseelands verzichtet. Es handelt sich nicht um ein Verbot seitens der Regierung, aber im Sinne des vernünftigen Menschenverstandes ist der Verzicht auf den traditionellen Gruß eine notwendige Maßnahme zur Sicherheit der Menschen - zumindest so lange, bis die Pandemie eingedämmt ist. Derweil werden auch besorgte Stimmen laut, das Coronavirus könne dem legendären Maori-Gruß ein endgültiges Ende setzen. "Es wird immer einen Platz in der Māori-Gesellschaft für den Hongi geben", versicherte hingegen der Minister für Māori Crown Relations, Kelvin Davis.

 

Die Zunge herausstrecken

Für Uneingeweihte mag es unhöflich erscheinen, aber in Tibet ist es eine alte Tradition, zur Begrüßung die Zunge herauszustrecken. Der Brauch entstand mit dem Tod eines grausamen Königs im 9. Jahrhundert, der eine schwarze Zunge hatte: Die Legende besagt, dass er wiedergeboren würde. Deshalb begannen die buddhistischen Anhänger des Landes, bei Begegnungen ihre Zungen herauszustrecken, um zu beweisen, dass sie nicht der wiedergeborene Tyrann sind. Heute ist die Begrüßung subtiler als in den vergangenen Jahrhunderten und ein Zeichen von Respekt und Übereinstimmung.

 

Verbeugung

Die Verbeugung hat in vielen Teilen Asiens eine lange Tradition, obwohl sich die Besonderheiten von Land zu Land unterscheiden. In Japan hängt die Art der Verbeugung, auf Japanisch Ojigi, von der jeweiligen Situation ab. Wie tief man sich verbeugt, ob man dabei steht oder kniet, ist von einer Reihe von Faktoren abhängig: Handelt es sich beispielsweise um eine Geschäftsbeziehung oder eine private? Die Verbeugung variiert mit dem Maß an Respekt, welcher dem anderen gezollt wird, und fällt jeweils anders aus in Situationen, in denen Dankbarkeit oder eine Entschuldigung ausgedrückt, Hallo gesagt oder sich verabschiedet wird. Außerdem spielt der Ort eine Rolle: Eine Verbeugung wird anders ausfallen, je nachdem, ob sie in einem Tempel oder Schrein stattfindet oder man einfach ein paar Einkäufe in dem nächsten Geschäft abholt. 

 

"Der japanische Brauch, sich zu verbeugen, mag zunächst ungewohnt erscheinen. Die Handlung ist tief in die japanische Kultur eingebettet und kann voller kniffliger Nuancen sein", erklärt die Tourismusbehörde des Landes. "Als Gast in Japan wird man sich eher respektvoll vor Ihnen verbeugen als erwarten, dass Sie sich verbeugen - das wäre eine nette, zusätzliche Geste, die zum Arigato passt, dem japanischen Wort für danke.“

 

Für eine stehende Verbeugung schließt man die Füße und stellt Beine und Rücken gerade, beugt sich in der Taille und hält die Hände an den Seiten. Frauen können die Hände auch vor den Oberschenkeln zusammenlegen. Eine wichtige Regel ist, keinen Augenkontakt herzustellen, bis die Begrüßung abgeschlossen ist. Für eine normale Verbeugung ist eine Neigung von 15 Grad - oder sogar ein einfaches Kopfnicken - angemessen, insbesondere für ausländische Gäste. Formellere Anlässe erfordern eine tiefere Verbeugung.

 

In ähnlicher Weise wird das hinduistische Wort Namaste verwendet, um Respekt und Dankbarkeit in Ländern wie Indien, Nepal und Bangladesch auszudrücken. Das Wort bedeutet aus dem Sanskrit übersetzt "ich verneige mich vor dir". Wenn es auf traditionelle Weise ausgeführt wird, wobei die Hände wie im Gebet vor dem Herzen zusammengelegt sind, handelt es sich um eine Verbeugung. Im Alltag wird die eigentliche Verbeugung heute jedoch häufig weggelassen, außer wenn Menschen mit hohem Ansehen, Älteste oder hochrangige Persönlichkeiten angesprochen werden. In diesem Fall sorgt die Verbeugung für zusätzliche Ehrerbietung. 

 

Eine weitere Variation des Themas ist das thailändische wâi, eine Respektsbekundung, bei der die Hände wie zum Gebet auf Brusthöhe zusammengelegt werden, wobei sich Handflächen und Finger berühren, die Ellbogen angewinkelt sind und der Kopf nach unten geneigt ist. Es ist eine Geste, die für verschiedene Zwecke verwendet wird: um jemanden zu begrüßen oder zu verabschieden, sich zu entschuldigen oder zu bedanken. Der Gruß unterscheidet sich auch von Fall zu Fall, hauptsächlich basierend auf dem Alter und dem Status der Person, die angesprochen wird. 

 

Bei Freunden, Bekannten und Gleichgestellten reicht ein kurzes Nicken, bei dem die Daumen das Kinn und die Nase die Zeigefingerspitzen berühren. Bei Gleichaltrigen sollte das Nicken allein ausreichen. Werden Ältere oder Vorgesetzte begrüßt, ist das Nicken tiefer und die Hände werden erhoben, sodass die Nase die Daumen berührt und die Zeigefinger zwischen den Augenbrauen liegen. Bei der Begrüßung von Mönchen werden die Hände noch höher gehalten. Die Daumen sollten zwischen den Augenbrauen liegen und die Zeigefinger die Stirn berühren und es gehört auch eine leichte Verbeugung dazu. Diejenigen mit einem niedrigeren sozialen Status beginnen mit dem wâi zuerst. Bei Kindern oder Personen, die für eine Dienstleistung bezahlt werden, wie ein Kellner oder Taxifahrer, ist man nicht verpflichtet, die Geste zu erwidern.

 

Wangenkuss

Wangenküsse sind in derart vielen Ländern der Welt üblich, dass es schwer ist, den Überblick zu wahren. In Frankreich als "la bise" bekannt, reicht die Anzahl der Küsse von eins bis vier, je nach Stadt, Region oder Dorf. Zwei sind jedoch bei weitem am häufigsten. In Spanien, Brasilien, Deutschland, Italien, Rumänien, der Türkei und Tunesien sind es ebenfalls zwei, während in Ländern wie dem Libanon, Belgien, der Schweiz, Ägypten und der Niederlande drei Küsse üblich sind und südamerikanische Länder wie Argentinien, Chile und Peru bei einem einzelnen Schmatzer bleiben. Aber nicht wortwörtlich - die richtige Form ist, die Wange des Gegenübers mit der eigenen Wange zu berühren, nicht mit den Lippen, während man ein leises Kussgeräusch macht.

 

Und dann ist da noch die Frage, wer wen küsst. Luftküsse zwischen zwei Männern sind seltener als zwischen zwei Frauen. In vielen konservativen Ländern und Kulturen sind gemischtgeschlechtliche Küsse verboten, obwohl sie in anderen Teilen der Welt üblich sind. Welche Wange welche berührt, kann auch für Verwirrung sorgen. Parisiennes zum Beispiel bevorzugen es, den Gruß mit der rechten Wange zu beginnen. Aber in Italien, wo der Brauch dank der alten Römer entstanden sein soll, ist es eher umgekehrt. Der beste Tipp? Dem Beispiel eines Einheimischen folgen.

 

Handgesten

Ein fester Händedruck wird in den USA und in der westlichen Welt geschätzt. Andere Kulturen heben die Begrüßungsformel von Hand zu Hand auf ein noch höheres Niveau. Auf den Philippinen beispielsweise ist die Geste, die mano po genannt wird, eine respektvolle Begrüßung, die dem Handkuss eines Älteren ähnelt. Aber anstatt den Handrücken an die Lippen zu führen, wird er stattdessen angehoben, um die Stirn zu berühren.

 

In Botswana folgt auf die verbale Begrüßung ein dreiteiliger Händedruck: Zuerst stützt man den rechten Ellbogen mit der linken Hand als Zeichen der Ehrerbietung auf und streckt die rechte Hand zum Schütteln aus. Dann verändert man die Handstellung so, dass die Daumen ineinander greifen; schließlich wird wieder die ursprüngliche Handposition eingenommen und ein weiteres Mal Hände geschüttelt. Auch in Sambia schüttelt man sich die Hände, aber es gibt auch einen kontaktlosen Gruß. Dabei klatscht man in die eigenen Hände und sagt "Hallo" (muli bwanji in Nyanja). Wer mehr Respekt bekunden möchte, winkelt die Beine an oder geht tief in die Hocke.

 

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Original-Artikel: Maya Stanton/Lonely Planet international

Deutsche Fassung: Ines Wagner

 

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