ReiseplanungVerantwortungsbewusst reisen - darauf kommt's an

Nachhaltige und verantwortungsbewusste Anbieter gibt es inzwischen weltweit, aber wie findet man sie? Diese Tipps erleichtern die Reiseplanung.

Auch die verborgensten Winkel der Welt sind heute für nahezu jedermann zugänglich, weil reisen immer einfacher und erschwinglicher wird. Umso wichtiger ist es, dass sich immer mehr Leute Gedanken über ihre Verantwortung beim Reisen machen. Eine Reise richtig nachhaltig und verantwortlich zu planen, erfordert jedoch oftmals einen noch größeren Rechercheaufwand. Besonders in den abgelegenen Reisezielen und in den Ländern, die noch an der Schwelle der touristischen Entwicklung stehen, ist es schwer, an die notwendigen Informationen zu gelangen und nachhaltige, verantwortungsbewusste Touranbieter ausfindig zu machen. Darum haben wir hier ein paar Tipps aus allen vier Himmelsrichtungen des Globus zusammengestellt.

"Wenn Sie mit einem Reiseveranstalter reisen, der sich ernsthaft für Nachhaltigkeit einsetzt, sind die Grundlagen für die Unterstützung lokaler Gemeinschaften und die Verringerung des ökologischen Fußabdrucks gewährleistet", sagt James Thornton, CEO von Intrepid Travel. Der internationale Reiseveranstalter ist bekannt für seine nachhaltigen Tourismusstrategien, beispielsweise als erstes Unternehmen, das bereits im Jahr 2014 Elefantenritte von seinen Touren gestrichen hat.

Was bedeutet nachhaltiges Reisen?

"Verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Reisen bedeutet vor allem Respekt für die Menschen, die Kultur und die Umwelt", erläutert Thornton. Auf diese Weise trägt der Reisende zur Finanzierung des Umweltschutzes und zum Erhalt des Kulturguts bei und lässt die Wertschöpfung in der Region. Davon profitieren wiederum unmittelbar die Einheimischen, statt internationale Tourismuskonzerne.

"Wer einen verantwortungsvollen Urlaub macht, stellen damit sicher, dass das Geld, das ausgegeben wird, der lokalen Gemeinschaft zugutekommt", sagt auch Justin Francis, CEO von Responsible Travel. Das Unternehmen mit Sitz in Großbritannien vermittelt Touren von 400 auf Nachhaltigkeit spezialisierten Anbietern auf der ganzen Welt. "Das kann bedeuten, dass Sie in einer Lodge in Familienbesitz statt in einer multinationalen Kette übernachten, kleine familiengeführte Restaurants entdecken, welche die lokale Küche als Teil ihrer Kultur zelebrieren, oder mit einem einheimischen Führer Kajak fahren", erläutert Justin Francis. 

Ist verantwortungsbewusstes Reisen überall möglich?

"Nachhaltiges Reisen bedeutet weniger, verantwortungsbewusst ans Ziel zu kommen, sondern mehr, was man dort nach der Ankunft vor Ort macht", fährt Francis fort. Er weist darauf hin, dass man auch in Ländern, die von der eigenen Regierung als kritisch eingestuft wurden, verantwortungsvoll reisen kann. Im Umkehrschluss könne man auch in Ländern, die sich bewusst für Menschenrechte und Umwelt einsetzen, mit dem Reisen Schaden anrichten.

Adrienne Lee, Entwicklungschefin bei der Planeterra Foundation, der gemeinnützigen Partnerin der internationalen Reisegesellschaft G Adventures, stimmt ihm zu: "Indem Reisende unterschiedliche Orte und Kulturen auf verantwortungsbewusste Weise kennenlernen, können sie sich dafür einsetzen, das ökologische und soziale Gleichgewicht zu erhalten und zu verbessern". Sie ergänzt: "Nachhaltige Reiseveranstalter sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Reisende mit kleinen lokalen Unternehmen in Verbindung zu bringen, die für viele Einheimische ein faires Einkommen garantieren."

Verantwortungsbewusstes Reisen versus nachhaltiger Tourismus

Von vielen Organisationen wird klargestellt, dass verantwortungsbewusstes Reisen weit über die Definition des nachhaltigen Tourismus der Welttourismusorganisation UNWTO, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, hinausgeht. Demnach berücksichtigt verantwortungsvoller Tourismus nicht nur die Bedürfnisse der Besucher, der Wirtschaft und Kultur sowie der Umwelt, sondern auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die Bezahlung der Einheimischen. Kurz gesagt, wenn ein Unternehmen verantwortungsbewusst handelt, sollte es bereits grundlegend nachhaltig arbeiten. Das bedeutet, dass nicht nur die ökologischen Richtlinien eingehalten werden, sondern auch sozial und fair gearbeitet wird.

Wie findet man verantwortliche Reiseveranstalter?

Verantwortungsvolles und nachhaltiges Reisen floriert, aber auch das Greenwashing. In den letzten Jahren haben viele Unternehmen ihre Angebote überarbeitet. Es lohnt sich, die Webseiten verantwortungsvoller Reiseanbieter oder nachhaltiger Tourismusunternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen. Welchen Richtlinien folgen sie? Meist spiegeln sie die Definition der Welttourismusorganisation für nachhaltigen Tourismus wider. Das ist aber nur die Oberfläche - wie sieht es dahinter aus? Um wirklich verantwortungsvolle Reisen anzubieten, sollten sie zusätzliche Maßnahmen gewährleisten, die beispielsweise auf Richtlinien von anerkannten NGOs oder Forschungsinstituten beruhen.

Das internationale Reiseunternehmen Intrepid Travel beispielsweise investiert, nachdem es vor Jahren schon alle Elefantenritte aus den Touren gestrichen hat, in Projekte, welche die Sicherheit schutzbedürftiger Kinder in den Gemeinden unterstützt, mit denen das Unternehmen kooperiert.

"Wir möchten unseren Reisenden authentische Erlebnisse bieten und gleichzeitig sicherstellen, dass die Orte, die wir besuchen, positiv beeinflusst werden", sagt CEO James Thornton. Das Unternehmen kooperiert mit nachhaltigen und lokalen Restaurants und Geschäften, deren Umsätze unmittelbar der Gemeinschaft zugutekommen.

Gemeinsam mit Intrepid Travel bietet auch Lonely Planet ab sofort nachhaltige Reisen an. Die Lonely Planet Experiences umfassen sowohl Tagestouren als auch mehrtägige Reisen für Kleingruppen und werden jeweils von lokalen Guides geführt. Alle Touren sind so angelegt, dass sie möglichst geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben, die lokale Wirtschaft unterstützen und der komplette CO2-Ausstoß kompensiert wird.

Im forum anders reisen haben sich über 100 Reiseveranstalter zusammengeschlossen, die sich für einen nachhaltigen Tourismus engagieren. Einer davon ist Fairaway. Das Reiseunternehmen hat sich auf die Fahne geschrieben, authentische Reiseerlebnisse zu entwickeln und zu fördern, die allen Interessengruppen von den Reisenden über die Einheimischen bis zu den lokalen Tourismusunternehmen größtmöglichen Nutzen bringen. Dabei werden auch beispielsweise konsequent die CO2 Emissionen aller ihrer Reisen ausgeglichen.

Die Zertifizierung für nachhaltigen Tourismus nimmt zu. In den vergangenen zwei Jahren hat der Global Sustainable Tourism Council (GSTC) Zertifizierungsstellen wie Ecotourism Australia und die in den USA ansässige Rainforest Alliance akkreditiert und ein Verzeichnis besonders nachhaltiger Reiseveranstalter und zertifizierter Hotels erstellt.

Nicht alle kleinen Unternehmen können sich jedoch eine Zertifizierung leisten, beziehungsweise das Geld aufbringen, um alle für eine Zertifizierung notwendigen Verbesserungen vorzunehmen. Randy Durband, der CEO von GSTC, empfiehlt deshalb Reisenden, solche Betreiber, die die meisten Dinge in Bezug auf Nachhaltigkeit richtig machen, nicht zu übersehen. Den kleinen Unternehmen rät er im Gegenzug, ihre Stärken und Schwächen transparent darzulegen.

Das weltweit größte Unternehmen, Responsible Travel, überprüft seine Touren nach eigenen, strengen Kriterien, während kleinere Unternehmen, wie das kürzlich gegründete Mauritius Conscious maßgeschneiderte Reiserouten mit verantwortungsbewussten Reiseveranstaltern zusammenstellen.

Daran erkennt man verantwortungsvolle Reiseanbieter

  • Wildtiere dienen niemals der menschlichen Unterhaltung - weder das Reiten von Elefanten, das Gehen mit Löwen oder das Schwimmen mit Delfinen in Gefangenschaft, stattdessen werden Wildtiererlebnisse in authentischer Umgebung angeboten, wie das Beobachten aus einem für Tier und Mensch angemessenem Abstand.
  • Kulturelle Besuche kommen in erster Linie den lokalen Gemeinschaften und erst in zweiter Linie den Besuchern zugute.
  • Interaktionen mit Kindern, insbesondere das Unterstützen von Betteln oder gar Kinderarbeit werden zugunsten eines nachhaltigen Gemeinschaftstourismus vermieden, welcher die Sicherheit von Kindern und den Zusammenhalt von Familien gewährleisten soll.
  • Die Unterbringung erfolgt eher durch Einheimische als durch große Hotelketten.
  • Authentische kulinarischen Erlebnisse basieren auf regionalen Produkten und lokalen Traditionen.
  • Die Guides und andere Mitarbeiter sind entsprechend geschulte Einheimische, die gut und sicherheitsrelevant ausgestattet sind und für ihre Dienstleistungen angemessen bezahlt werden.
  • Das Unternehmen ergreift Maßnahmen, um die Umweltbelastung so gering wie möglich zu halten.
  • Den Kunden werden wiederverwendbare Alternativen zu herkömmlichen Einwegkunststoffen angeboten, beispielsweise Tragetaschen und Wasserflaschen.
  • Das Unternehmen unterstützt die Gemeinschaften am Reisezielort, beispielsweise Schulen oder Projekte für erneuerbare Energien.

Vorsicht vor Greenwashing

Viele Reiseveranstalter auf der ganzen Welt, insbesondere in den Entwicklungsregionen, vermarkten sich inzwischen als verantwortungsbewusst und nachhaltig. Nicht bei allen steht die soziale und ökologische Verantwortung tatsächlich im Vordergrund. Wer sich ernsthaft verpflichtet, richtet sich nach einer schriftlich festgehaltenen, nachhaltigen und sozial-fairen Tourismuspolitik. Gibt es so etwas nicht, ist die Möglichkeit recht groß, dass es sich um einen Etikettenschwindel handelt. Alternativ kann man auch direkt anfragen, wie sie ihren Beitrag zum Umweltschutz und für das Wohl der Gemeinschaften leisten, mit welchen lokalen Wohltätigkeitsorganisationen und mit welchen Betrieben, Hotels und Pensionen sie zusammenarbeiten. Das Gleiche gilt für angepriesene Touristenattraktionen: Nicht alle "Schutzgebiete" oder "Ökotouren" verdienen dieses Label.

Eigenverantwortung übernehmen

Verantwortungsbewusstes Reisen endet natürlich nicht mit der Auswahl eines verantwortungsbewussten Touranbieters. Jeder Reisende steht selbst in der Pflicht. Und die beginnt beim ernsthaften Vertrautmachen mit den lokalen Traditionen und Gepflogenheiten und endet dabei, den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Einen Kontakt und aufgeschlossenen Umgang mit Einheimischen auf der Straße herzustellen und Einwegplastik zu vermeiden, ist ein guter Anfang.

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Original-Artikel: Sarah Reid/Lonely Planet international
Deutsche Fassung: Ines Wagner

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