Naher OstenJordaniens Perle Petra – ein nachhaltiger Besuch der Felsenstadt

Das Weltkulturerbe Petra in Jordanien übt magische Anziehungskraft aus. Damit noch viele etwas davon haben, lässt sich die Felsenstadt nachhaltig bereisen.

Die magische Stadt Petra, die in der Zeit um 300 v. Chr. von Hand in den rosafarbenen Sandsteinfelsen geschlagen wurde, ist Jordans beliebteste Attraktion und steht auf den To-do-Listen von Reisenden auf der ganzen Welt. In trauriger Ironie leidet dieses einst streng gehütetes Beduinen-Geheimnis, dessen Aufenthaltsort mehr als 1.000 Jahre lang der westlichen Welt unbekannt war, mittlerweile an "Overtourism".

Quasi fast zu Tode geliebt, steht die Felsenstadt als bedrohtes Welterbe auf der Liste des World Monument Fund (WMF), einer Organisation, die sich für den Erhalt wichtiger Kulturstätten und -denkmäler einsetzt. Petra gehört fraglos zu den spektakulären und Ehrfurcht gebietenden Altertümern der Welt. Die größte Bedrohung ist der zunehmende Tourismus, da sich die jährlichen Besucherzahlen inzwischen rasant der Millionengrenze nähern. Darum sollte der Erhaltung von Petra im Vordergrund jeder Reiseplanung stehen, damit das fragile antike Architekturwunder nicht unter den Füßen der Touristen und vor den Augen der Welt zusammenbricht. Hier sind unsere Tipps für einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Besuch in Petra.

Reiten oder zu Fuß gehen?

Das idyllische Bild von Kamelen, die bunt geschmückt vor dem antiken Schatzhaus ruhen, ist verführerisch. Unzählige Besucher durchqueren die 1,2 Kilometer lange, eng gewundene Schlucht, den Siq, auf dem Rücken von Kamelen, Pferden oder Eseln, weil es nicht nur bequem ist, sondern auch fotogen. Für die Tiere ist die Tour jedoch zumeist alles andere als angenehm. In der Zusammenarbeit zwischen den ortsansässigen Beduinen und der jordanischen Regierung hat sich in den letzten Jahren die Lage der Nutztiere bereits etwas gebessert, aber noch gibt es viel Luft nach oben. Obwohl sich zwischenzeitlich viele Besitzer besser um ihre Tiere kümmern, kommt es immer wieder zu Misshandlungen. Denn um die Nachfrage der angestiegenen Besucherzahlen zu bedienen, werden die trampelnden "Beduinen-Ferraris" wie auf einer Rennstrecke besonders in der Hauptsaison eilig hin und her gehetzt.

Wer die antike Stadt Petra besucht, sollte sich vergegenwärtigen, dass die Felsenstadt ein riesiger Ort ist von 264 Quadratkilometern Fläche. Es ist daher nicht sinnvoll, alles im Schnelldurchlauf an einem Tag ansehen zu wollen. Viele Besucher lassen sich inzwischen immerhin zwei Tage Zeit - einen Tag, um sich mit den wichtigsten Monumenten vertraut zu machen, und einen zweiten Tag, um die Größe dieses UNESCO-Weltkulturerbes in sich aufzunehmen. Selbst wer nur einen Tag hat, sollte sich trotzdem die Zeit nehmen und die Stätte weitestgehend zu Fuß erkunden. Die 850 Treppenstufen hinauf zum Kloster Ad Deir sind eine Herausforderung, aber auch in der Antike wurden sie bewältigt. Die intensiv betriebenen Eseltouren der letzten Jahrzehnte haben dem Sandstein bereits erhebliche Schäden zugefügt.

Wer gesundheits- oder konstitutionsbedingt darauf angewiesen ist, einen Esel zu mieten, sollte sich zumindest gegen Kinderarbeit entscheiden und einen erwachsenen Eselführer buchen sowie ein Tier auswählen, das gesund und kräftig genug ist, einen Erwachsenen zu tragen. Wir raten, den korrekten Tarif zu zahlen, wie er im Petra Visitor Center angegeben wird. Wer den Preis herunterhandelt, zwingt den Beduinen dazu, sein Tier zu höherem Tempo anzutreiben, um eine weitere Tour zu gehen und den Verlust auszugleichen. Misshandlungen von Tieren sollten, idealerweise mit einem Beweisfoto oder -video, der Touristenpolizei im Besucherzentrum gemeldet werden.

Leicht und bewusst unterwegs

Die antike Zivilisation der Nabatäer hat die makellosen Fassaden von Petra aus riesigen, empfindlichen Sandsteinplatten gehauen, die sich mit der Hand, vom Regen oder mit dem Wanderschuh leicht ritzen und abschleifen lassen. Die Nabatäer wussten bereits um Petras Verwundbarkeit gegenüber dem Wetter und errichteten ein Netzwerk von Aquädukten und Zisternen, um die flüssigen Werkzeugspitzen von Mutter Natur in Schach zu halten.

Was die Nabatäer nicht vorhersehen konnten, sind die Millionen Touristen, die später in ihre Hauptstadt kamen, um mit High-Tech-Wanderschuhen den Sandstein zu malträtieren. Wer in Petra nachhaltig unterwegs sein möchte, entscheidet sich am besten für Schuhe mit einem leichten Profil und lässt seine Wanderstöcke mit spitzen Enden zu Hause. Leider sind immer noch allzu oft Besucher und manchmal sogar einheimische Beduinen zu sehen, die auf Denkmäler klettern und ihre Namen und Botschaften in die über Jahrtausende alten Felsfassaden ritzen, insbesondere im Siq.

Eine Studie aus dem Jahr 2005 ergab, dass die Fassade des antiken Schatzhauses über einen Zeitraum von 10 Jahren sogar nur aufgrund von Berührungen um bis zu 40 Millimetern abgenutzt wurde. Als Besucher sollte man sich von Petra prägen lassen, statt umgekehrt. Besonders tragisch ist die rasante Zerstörung Petras in Anbetracht der Tatsache, dass die sagenumwitterte Hauptstadt der Nabatäer etwa 1.200 Jahre in der westlichen Welt als verschollen galt. Erst im Jahr 1812 wurde es von den Archäologen - und später Touristen - wiederentdeckt.

Besuch außerhalb der Saison

Petra verzeichnete seit den 1980er Jahren einen Besucherzuwachs von fast 1.700 Prozent. Dabei konzentrieren sich die meisten Besucher auf die Hochsaison März, April, September und Oktober, in der fast 3.000 Menschen pro Tag kommen. Wer hingegen die Felsenstadt im Winter von Dezember bis Februar besucht, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit in den Genuss, das kostbare Schatzhaus ohne Menschenmassen zu sehen, den Siq bei einem gemütlichen, ruhigen Spaziergang zu durchqueren und Petra auf eigene Faust zu entdecken. Aber auch in der Hauptsaison kann man den Menschenmassen ausweichen, beispielsweise indem man die frühen Morgenstunden nutzt. Ab 6 Uhr ist ganzjährig geöffnet.

Fair und bewusst einkaufen

Petra, die einst wohlhabende Handelshauptstadt der Nabatäer, ist in gewisser Weise nach wie vor ein geschäftiger Basar, auf dem Händler ihre Waren an den endlosen Strom der Passanten verkaufen. Unzählige Stände säumen die Pfade, Wege und Treppen in Petra. Während immer mehr Touristen die Stadt besuchen, können und sollten die Einheimischen wirtschaftlich auch davon profitieren. Etwas Vorsicht ist jedoch geboten, vor allem vor dem Kauf "authentischer Artefakte", die wahrscheinlich aus Gräbern geplündert wurden und deren Kauf und Verkauf illegal ist. Bedenklich sind auch die Souvenirs, die zu Petras allmählicher Zerstörung beitragen, wie die aus den Felsen geschlagenen, gestreiften Sandsteine oder Gläser mit Sand.

Einige der Stände und Geschäfte werden von Kindern geführt. Hier aus Mitleid zu kaufen ist das falsche Zeichen. Es ermuntert die Eltern, ihre Kinder weiterhin der Schule fernzuhalten und sie stattdessen gewinnbringend im Geschäft mit den Touristen einzusetzen. Nachhaltig einkaufen und der Region tatsächlich etwas zurückgeben kann man beispielsweise in Umm Raami's Shop. Er wird von Marguerite van Geldermalsen betrieben, einer Neuseeländerin, die einen Beduinen heiratete und mit ihrem ältesten Sohn Raami in einer Höhle in Petra lebt. Es gibt auch schöne Souvenirs aus kunstvoll gearbeitetem Silberschmuck, der von antiken nabatäischen Kultgegenständen inspiriert ist. In der Regel wird er von einheimischen Frauen hergestellt, die für ihre Arbeit fair bezahlt werden.

Wenn möglich, Plastik vermeiden

Es gibt keinen besseren Zeitvertreib für Beduinen, als langsam eine heiße Tasse zuckerhaltigen schwarzen Tee zu schlürfen. Viele der kleinen Restaurants und Cafés in Petra bieten die Möglichkeit, eine Teepause während der anstrengenden Besichtigungstour einzulegen. Worauf man hingegen verzichten sollte, ist in Petra Wasserflaschen zu kaufen, die extra herangekarrt werden müssen und hernach ein Entsorgungsproblem darstellen. Am besten, man nimmt sich gleich am Morgen schon eine genügend große eigene Trinkflasche mit, mit der man tagsüber gut versorgt ist.

Hier gibt es noch mehr Tipps zum plastikfreien Reisen.

Die ausgetretenen Pfade verlassen

Petra zählt mehr als 800 registrierte Sehenswürdigkeiten, darunter sind rund 500 Gräber. Die meisten von ihnen befinden sich entlang der am besten erreichbaren Wege und ausgetretenen Pfade. Weil die meisten Besucher nur einen Tag kommen und dann die Hauptsehenswürdigkeiten abhaken, besteht gerade entlang der Hauptwege viel Gedränge.

Nur ein paar Schritte abseits dieser Routen den Schritt in die benachbarten Täler zu lenken, kann das gesamte Erlebnis verändern. Selbst beliebte und gut markierte Wanderwege wie Al Kubtha mit einem atemberaubenden Blick auf das Schatzhaus sehen nur ein Bruchteil der Besucher.

Ein weiterer lohnender Spaziergang ist der Abstecher durch das Wadi Farasa zum Hohen Opferplatz, vorbei an einer Reihe von weniger besuchten, aber immer noch ebenso beeindruckenden Gräbern, darunter das römische Triclinium. Es lohnt sich, einen Führer anzuheuern, wenn man abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs ist, die Beschilderung ist recht dürftig.

Längeren Aufenthalt einplanen

Tatsächlich sind die Besucherzahlen in Petra schneller gestiegen als die Stufen zum Hohen Opferplatz. Das größte Problem stellt dabei die hohe Fluktuation der Gäste dar, die zumeist nur einen Tag bleiben - zu kurz, um sich über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. Wer Jordanien in Ruhe erkunden möchte, erwirbt vor Reiseantritt den Jordan Pass, der vergünstigten Zugang zu einer Vielzahl historischer Stätten im ganzen Land bietet, darunter Petra, Wadi Rum, der Herkulestempel in Amman, die römischen Ruinen von Jerash und das Ajloun Castle.

Mit dem Jordan Pass ist in Petra sogar ein weiterer Bonus erhältlich: Wer ein 3-Tages-Ticket kauft, erhält einen vierten Tag gratis dazu. Es lohnt sich, in dem weitläufigen Gebiet der antiken Felsenstadt länger zu verweilen, um eine der von der Zerstörung bedrohten Wiegen der Menschheit besser kennenzulernen und dabei sogar einen Beitrag zu ihrer Bewahrung zu leisten.

Wer sorgfältig plant, hat mehr von seiner Reise durch das kleine Land, das von herzlicher Gastfreundschaft, einer traditionsreichen Geschichte und großartigen Kultur geprägt ist. Hier sind unsere zehn besten Tipps für eine Reise in Jordanien

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Original-Artikel: Lauren Keith/Lonely Planet international
Deutsche Fassung: Ines Wagner

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