LapplandEin Wintermärchen auf Nordisch

Rentiere in Lappland © Gary Latham
Rentiere in Lappland

Warum eigentlich immer nur Ski laufen? Ein Schneeurlaub in Lappland bietet spannende Abenteuer. Erleben Sie den Zauber des Polarlichts und arktische Trekkingtouren. Übernachten Sie im Eishotel und statten den Ureinwohnern Europas einen Besuch ab. Los geht's!

Lappland ist kein Staat oder fest umgrenztes Gebiet. Je nach Definition umfasst es unterschiedliche Regionen. Gewöhnlich bezeichnet man damit den nördlichen Teil Skandinaviens, der sich von Norwegen über Schweden und Finnland bis hin zur russischen Kola-Halbinsel im Osten erstreckt. Unsere Reise führt in die schwedischen und finnischen Gegenden. In diesem Teil: "Zu Besuch bei den Sámi" und "Der Zauber des Nordlichts".

Zu Besuch bei den Sámi

Die Rentierhirten und Ureinwohner Skandinaviens

Niemand kennt Lappland so gut wie seine Ureinwohner, die Sámi. Die "Sumpfleute" ziehen bereits seit 11.000 Jahren durch Skandinaviens Norden. Als Jäger- und Hirtenvolk lebten sie einst vom Fischfang und folgten den Rentierherden auf ihren Wanderungen zu den Weidegründen. Obwohl die Kultur der Sámi Jahrhunderte unterdrückt wurde - so war ihre Sprache an Schulen lange ebenso verboten wie ihre Naturreligion -, haben sich viele die Traditionen ihrer Vorfahren bewahrt.

Einer von ihnen ist Heikki Paltto, der mit seiner Familie im kleinen Dörfchen Lemmenjoki nahe der finnischen Sámi-Hauptstadt Inari (550 Einwohner!) lebt. Heikki ist Rentierzüchter, seine Frau Kaija widmet sich dem traditionellen Kunsthandwerk. Touristen können bei den Palttos einen Einblick in die Lebensweise und Kultur der Samen gewinnen.

Auf dem Anwesen der Familie trotten die Rentiere frei zwischen den Bäumen umher und scharren im Schnee nach Flechten. "Ich hüte Rentiere seit meinem 14. Lebensjahr und habe alles auch meinen Söhnen beigebracht", erzählt Heikki. Junior Nils-Heikki spannt für die Gäste derweil einen Holzschlitten hinter ein Schneemobil. Dann geht es im Schritttempo hinein in den umliegenden Wald. Vater Heikki späht durch ein Fernglas nach entlaufenen Tieren. "Die Rentiere sind unsere Stärke", sagt er. "Unsere Kleidung, das Essen, unsere Lebensweise - alles beruht auf diesen Vierbeinern." Tatsächlich gehört jedes der halbdome­s­tizierten Tiere, die durch Lappland streifen, einem Samen. Um die Herden beisammen­­zuhalten, kommen mittlerweile sogar Helikopter zum Einsatz.

Auf einer kleinen Lichtung steuert die Rentier-Patrouille eine geziegelte Lávvu an, eine Nachbildung des traditionellen Sámi-Zeltes, das aussieht wie ein Tipi. Während Heikki aus einem Ast flink eine Kelle schnitzt und über dem offenen Feuer einen Eintopf aus Rentierfleisch bereitet, stimmt sein Sohn den Joik an. Dieser uralte, balladenhafte Gesang erzählt von Tieren, Menschen und Landschaften und erinnert sehr an indianische Lieder. Der Joik diente einst auch den Schamanen des indigenen Volkes, um in Trance mit Tiergeistern und toten Verwandten in Verbindung zu treten. In der Mythologie der Sámi hat alles eine Seele - Bäume, Felsen, Rentiere ...

Im Lávvu duftet der Eintopf mittler­weile vorzüglich. "Vieles hat sich heute natürlich verändert", sagt Heikki. "Aber ich kann mich noch an alle Lehren er­innern, die mir meine Eltern und Groß­eltern beigebracht haben. Ich brauche keine Landkarte. Ich kenne jeden Stein und jeden Baum." Schon seit Generationen folge seine Familie den Rentieren. Ohne sie gäbe es keine Sámi. "Wir haben nur überlebt, weil wir das Hüten nie aufgegeben haben. Unsere Verbundenheit zu unserem Land ist ungebrochen und tief."

Der Zauber des Nordlichts

Die faszinierende Show der Sonnenwinde

Nachdem die Blockhütten spät am Abend bezogen sind und das Feuerholz gemütlich im Ofen knistert, stapft Mikael Kangas mit seinen Gästen hinaus in die klirrende Kälte. Der tiefe Schnee knirscht unter den Stiefeln. Am Himmel über dem kleinen Dörfchen Junosuando, nördlich des Polarkreises, funkeln die Sterne wie Abertausende Diamanten. "Erst letzte Woche haben wir hier eine Elchfamilie gesichtet", erzählt der drahtige Leiter des Aurora Retreats, während er aus einer Thermoskanne heißen Tee ausschenkt. "Wir können auch Füchse und Rentiere sehen. Das Land gehört den Tieren, wir sind nur zu Besuch.

"Tagsüber führt Mikael seine Gäste auf Cross-Country-Touren durch die umliegenden Wälder. Doch in dieser klaren Nacht warten die Besucher auf den Zauber, von dem wohl alle Lappland-Fans träumen: Aurora borealis, das magische Nordlicht, das den Himmel so prachtvoll zum Leuchten bringt. Es entsteht, wenn elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre treffen und ihre Energie die Luftmoleküle zum Fluoreszieren bringen. Das Magnetfeld der Erde lässt die Aurora lediglich in den Polregionen erscheinen (auf der Südhalbkugel heißen die Lichter Aurora australis). In diesem Winter sind die Chancen, sie zu sehen, noch besonders groß - Wissenschaftler erwarten nach dem elfjäh­rigen Sonnenzyklus heftige Eruptionen auf dem Gasriesen.

Kurz nach Mitternacht ist es dann soweit: Mikael ruft die mittlerweile frierend in die Hütten zurückgekehrten Urlauber mit einem lauten "Aurora!" vor die Tür. Über den Baumwipfeln steigen plötzlich grüne und violette Schlieren wie Flaschengeister empor. "Da!", "Ahh!", "Ohh!" - die Gäste des Aurora Retreats staunen und freuen sich wie Kinder über das kosmische Spektakel. Dann spannen sich die Farben in Bögen, pulsieren und beginnen wie wild zu flackern. Alle legen sich auf dicken Rentierfellen in den Schnee und genießen still das Glück.

Die vollständige Lappland Reportage (mit Abschnitten zu Hundeschlittenfahrten, Trekkingtouren und Übernachten im Eishotel) finden Sie im aktuellen Lonely Planet Traveller Magazin, Januar/Februar 2014. 

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Text: Anthony Ham, Deutsche Bearbeitung: Olaf Heise, Titelbild: Gary Latham

Das Wichtigste

Hinkommen

SAS (flysas.com) fliegt von vielen deutschen Städten, ab Wien und Zürich via Stockholm z. B. nach Kiruna. Direktflüge nach Lappland (Arvidsjaur) bietet FlyCar (fly-car.de) von Frankfurt a. M., München, Stuttgart und Hannover an. Finnair (finnair.com) fliegt von Frankfurt a. M. über Helsinki nach Rovaniemi und Kittilä.

Herumkommen

Mietwagenfahrer sollten stets auf Rentiere und Elche achten! Das Bus- und Bahnnetz ist gut ausgebaut. Fernzüge fahren in Finnland bis Kolari (Mehr Infos unter vr.fi), in Schweden bis Narvik/Norwegen (sj.se, tagkompaniet.se).

Weiterlesen

Lonely Planet "Schweden" (MairDumont, 19,99 €, Zum Shop). Der Baedeker Allianz Reiseführer "Finnland" (MairDumont, 22,95 €) enthält eine große Reisekarte von Lappland.

Weitere Infos (Sámi)

  • Ausflüge und Übernachtungen mit der Familie Paltto können über lemmenjoki.org gebucht werden. Auch eine Holzhütte (bis 4 P.) kann man bei den Palttos mieten (ca. 470 €/Woche).
  • In Inari lohnt ein Besuch des Sámi-Museums "Siida" (Eintritt ca. 10 €). Dort bekommt man auch Infos zu Exkursionen in der Umgebung.
    Hotel-Tipp: Nahe dem Museum liegt das "Hotel Kultahovi" (DZ ab ca. 90 €).
  • Infos auch unter finland.fi, visitfinland.com.

     

    Weitere Infos (Aurora Retreat)

    Neben einem Guesthouse vermietet Mikael vier Waldhütten. Die erste Nacht kostet ab ca. 255 €/P., jede weitere ab ca. 170 € inkl. Verpflegung und Ausrüstung (Schneeschuhe/Ski). 6-Tage-Package mit Hunde-Safari ab ca. 1125 €, auroraretreat.se

     

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