SkandinavienDie besten Orte in Finnland, um verantwortungsvoll Wildtiere zu beobachten

Wenn du Glück hast, siehst du eine Braunbärin mit Jungen - (Foto: © Giedriius / Shutterstock)
Wenn du Glück hast, siehst du eine Braunbärin mit Jungen - (Foto: © Giedriius / Shutterstock)

In Finnland kannst du Bären, Wölfe und Vielfraße von abgelegenen Verstecken aus beobachten, in das Leben der samischen Rentierzüchter eintauchen oder in der Arktis mit Hundeschlitten fahren – und das alles ethisch respektvoll.

Ein Großteil Finnlands liegt unter einer Decke aus dichten und wild-ursprünglichen Wäldern, die Lebensraum für eine Vielzahl seltener Arten von Wildtieren bieten. Darum ist es nicht verwunderlich, dass die dortige Tierwelt zu den interessantesten Europas gehört. Und die gute Nachricht dabei: All das ist nachhaltig und auf ethisch verträgliche Weise möglich, denn die Finnen sind bemerkenswert naturverbunden. Die schönsten Erlebnisse haben wir hier für dich zusammengefasst.

Braunbären beobachten

Wenn der Frühling in den Sommer übergeht, locken die Weite und Abgeschiedenheit der alten borealen Wälder und Sümpfe des Landes zu Entdeckungstouren ein. Hier kannst du die Nacht in der mürrischen Gesellschaft von Braunbären im Wild Brown Bear Centre verbringen, das sich ganz dem Naturschutz verschrieben hat. Das bemerkenswerte Naturschutzgebiet liegt einsam in Lentiira, wo Ostfinnland fast nahtlos in die Wildnis Russlands übergeht. 

Die Wälder hier sind so beunruhigend still, dass du deinen eigenen Herzschlag hören kannst und jedes Rascheln im Unterholz. Und vielleicht kannst du sogar leuchtende Augen im Dunklen wahrnehmen, die dich neugierig oder hungrig zu beobachten scheinen. Aber keine Sorge: Die Braunbären sind nicht so aggressiv wie ihre grizzlyartigen nordamerikanischen Vettern. Trotzdem wirst du buchstäblich den Atem anhalten, wenn sich ein Bär heranpirscht und dir so nahe kommt, dass du sein Schnaufen hören kannst. 

Einen Bären zu sehen, der sich auf die Hinterbeine hebt, ist pure Magie. Mit dem Frühling kommen auch die jungen Bären auf die Welt. Wenn du sie in den mit Wollgras bewachsenen Sümpfen beim Spielen beobachtest, kommst du dir vor wie in einer Szene aus einer Gute-Nacht-Geschichte. Wenn du Glück hast, siehst du weitere der "Big Five" Finnlands: Vielfraß, Wolf, Luchs und Elch. 

Am besten schließt du dich einer Gruppe mit einem Führer an, um Posten in einem der Gemeinschaftsverstecke zu beziehen, von denen aus man still abwartend beobachten kann. Wenn du fotografieren möchtest, nutze die Zeit der weißen Nächte des Hochsommers, um aufregende Begegnungen aus nächster Nähe zu festzuhalten. Die luxuriösen Lodges sind ein Traum auch für Familien und bieten viel Platz, um in Ruhe die Bären zu beobachten.

Husky-Schlittenfahren unternehmen

Hundeschlittenfahrten sind in Finnland schon seit Jahrhunderten Tradition und fest im Winter verankert. Heute ist es allerdings nicht mehr nur eine Möglichkeit, von A nach B zu kommen, sondern ein touristischer Wirtschaftszweig, der fast ausschließlich von Gästen unterstützt wird, die sich gern auf Schlittenfahrten  in die Weite der Wildnis entführen lassen. Zugleich hat Finnland einige der strengsten Tierschutzgesetze der Welt erlassen. Daher werden die Unternehmen, die mit Schlittenhunden arbeiten, jährlich von den Behörden besucht und bewertet. Obwohl die Huskys das Training des Hundeschlittenführers gewohnt sind, ist ein verantwortungsvolles Gefühl für die Lebensqualität der Hunde – insbesondere für ihre Ruhezeiten - wichtig.

Bear Hill Husky ist ein familiengeführter Husky-Zwinger in Rovaniemi in Finnisch-Lappland, der Hundeschlittenfahrten anbietet, aber nicht in den Mittelpunkt stellt. Stattdessen unternehmen die Besucher eine kurze Fahrt durch die üppigen Wälder der Umgebung und verbringen die restliche Zeit damit, das wahre Leben eines Schlittenhundes kennenzulernen: Sie gehen mit den Huskys im Wald spazieren, spielen mit den Welpen und mit pensionierten Hunden und beobachten die Trainingsmethoden und -techniken. Jeder Hund hat einen Namen und eine Geschichte und die Mitarbeiter erzählen sie gerne. Das bedeutet, dass alle Bereiche der Tierzucht jederzeit offen sichtbar sind.

Wölfe beobachten

Der scheue, schwer zu fassende Wolf, der durch die tiefen, dunklen Wälder Ostfinnlands streift, ist eines der größten Raubtiere des Landes. Einen Wolf in freier Wildbahn zu sehen, ist ein Erlebnis, von dem du mit Sicherheit noch lange schwärmen wirst. Lentiira nahe der russischen Grenze ist einer der besten Orte, um Wölfe zu beobachten. Die Chancen dafür sind von Juni bis September von den sorgfältig gewählten Verstecken von Wildlife Safaris Finland aus  hervorragend. Nutze den Sommer, um das beste Licht für Fotos zu bekommen. In dieser einsamen Region, in der Wölfe nach Belieben umherstreifen, gibt es nur Wald und Wasser. Es gibt keine Garantien, aber mehrtägige Aufenthalte erhöhen deine Chancen, Wölfe zu sichten, um das Zehnfache.

Seit Anfang der 2000er Jahre haben sich Wölfe von Russland aus über die Grenze nach Finnland geschlichen. Während der Saison kann man sie an etwa vier bis fünf Nächten pro Woche sichten. Die touristischen Unternehmen, die Fotowanderungen und Wildbeobachtungen anbieten, legen großen Wert auf den Naturschutz und haben dazu beigetragen, die Wilderei einzudämmen. 

Von einem gut getarnten Versteck aus erhöhst du deine Chancen, die besten Fotomotive zu erhalten und die Wölfe aus nächster Nähe zu erleben. Neben Wölfen kannst du auch auf Braunbären, Vielfraße, Rentiere, Elche und - mit viel Glück - sogar auf sibirische Flughörnchen hoffen. Auch Vogelbeobachtungen sind spannend und Stein- und Seeadler, Spechte, Trauerschnäpper, Strandläufer, Weidenlaubsänger und Turmfalken werden regelmäßig gesichtet. Ziemlich praktisch ist auch, dass du nicht die ganze Ausrüstung mitzuschleppen brauchst: Schlafsäcke, Ferngläser und Kameras kannst du vor Ort mieten.

Rentierhaltung kennenlernen

Die Rentierzucht ist seit Jahrhunderten das Lebenselixier der lappländischen Samen. Die Rentiere waren einst entscheidend für das Überleben des Nomadenvolkes, da sie Nahrung, Kleidung, Handel und Transport in dieser abgelegenen, rauen Umgebung ermöglichten. Ihre Beziehung zu den Tieren ist eine außergewöhnliche und nuancenreiche: Die Samen haben rund 1.000 Wörter, um jeden Aspekt des Rentiers zu beschreiben, von seinem Verhalten über sein Aussehen und seine Bewegungen bis hin zu seiner Persönlichkeit. 

Die Zeiten haben sich geändert, aber Rentierzüchter wie die Familie Orbas gibt es immer noch. Die Familie, die etwa 70 Kilometer von Rovaniemi entfernt lebt, züchtet seit vielen Jahrzehnten Rentiere. In mancherlei Hinsicht hat sich im Vergleich zu früher wenig verändert – zum Beispiel tut die Familie ihr Bestes dafür, ohne Strom vom Land zu leben. Ein moderner Ansatz besteht jedoch darin, mit dem Schneemobil zu den Rentieren zu fahren, um sie zu füttern. Bei einem Besuch kannst du mithelfen, Zäune für die Rentiere zu bauen, sie auf Waldspaziergängen begleiten und auch Rentiersuppe und Rentierwurst essen. In langen Gesprächen erfährst du allerhand Wissenswertes über die faszinierend komplexe, zyklische Beziehung zwischen den Tieren und ihren Haltern.

In Salla, etwa zwei Autostunden östlich von Rovaniemi, hüten samische Familien im Salla Reindeer Park eine der letzten Wildrentierpopulationen der Welt. Hier kannst du auf eigene Faust eine Wanderung durch den eingezäunten Wald und das Sumpfgebiet unternehmen und dabei die Rentiere beobachten. Zu den Ausflügen mit den Rentierzüchtern gehören auch Schlittenfahrten und das Füttern der Tiere inmitten der unberührten Natur des Nordens.

Saimaa-Ringelrobben nachspüren

Die Saimaa-Ringelrobbe ist ein wunderschönes und seltenes Tier, das im Saimaa-See im Südosten Finnlands heimisch ist. Die charakteristischen Ringe auf ihrem Fell, die ein wenig wie die Salzflecken aussehen, entstanden, als die Tiere während der Eiszeit von anderen Robbenarten getrennt wurden. Die Saimaa-Ringelrobbe ist eine der am stärksten gefährdeten Robbenarten der Welt. Ihre Population hat aufgrund von Schutzmaßnahmen inzwischen wieder knapp über 400 Tiere erreicht, aber Sichtungen sind trotzdem selten. Wenn du Glück hast, kannst du auf einem Ausflug vielleicht eine Robbe sehen. Dabei ist es wichtig, die Anweisungen des Führers zu befolgen, damit das Wachstum der Population nicht gefährdet wird.

Etwa von Mai bis Juni sonnen sich die Robben auf den Felsen. Später im Sommer wird es schwieriger, da sie nur alle zehn Minuten aus dem Wasser auftauchen und nie an Land kommen. Es kommt selten sogar vor, dass man Jungtiere zu Gesicht bekommt.

In Puumala kannst du auf ein umweltfreundliches Boot zur Robbenbeobachtung steigen, das sich auf die Sichtung einer Population von etwa 20 Exemplaren konzentriert. Auch im Linnansaari-Nationalpark werden geführte Fahrten angeboten. Bevor du dich für einen Ausflug entscheidest, scheue dich nicht, viele Fragen über die Philosophie des Reiseveranstalters in Bezug auf Tierbeobachtungen und Tierschutz zu stellen. Seriöse Unternehmen stellen sicher, dass die Exkursionen immer aus der Ferne stattfinden, praktischerweise hast du also ein Fernglas dabei.

Arktische Wildtiere beobachten

Die Arktis beherbergt eine unglaubliche Vielfalt an Wildtieren, aber viele von ihnen sind aufgrund der riesigen Ausmaße, der bitteren Kälte und des kargen Geländes nur selten zu sehen. Wenn du einen Blick auf die Tiere werfen möchtest, die du bisher höchstens in Dokumentarfilmen gesehen hast, fährst du am besten zum Ranua Wildlife Park, etwa 80 Kilometer südlich von Rovaniemi. Südlich des Polarkreises fügt sich dieses lappländische Tierschutzgebiet ganz natürlich in den Wald ein und bietet viel Platz für die Erhaltung bedrohter arktischer Arten wie Eisbären, Nerze, Vielfraße und Otter. Auch andere Wildtiere wie Bären, Polarfüchse, Eulen, Elche, Moschusochsen und Rentiere werden hier gehegt.

Der Park ist an Organisationen wie das Europäische Programm für gefährdete Arten (EEP) und das Europäische Zuchtbuch (ESB) angeschlossen und betreibt außerdem eine Tierklinik, in der alle verirrten und verletzten Wildtiere abgegeben und gepflegt werden können. Diejenigen, die komplett genesen, werden wieder in die Wildnis entlassen, während andere zur weiteren Beobachtung im Park bleiben.

Nach Einbruch der Dunkelheit gibt es keine Beleuchtung, um den natürlichen Lebensraum der Tiere zu respektieren. Wenn du dich in der Dunkelheit zu Beobachtungstouren aufmachst (was im Winter den größten Teil des Tages ausmacht), solltest du eine Taschen- oder Stirnlampe mitbringen oder alternativ eine vom Park mieten. Für zusätzliche Informationen über die Tiere und besondere Erlebnisse wie das Füttern von Polarfüchsen und anderen Wildtieren kannst du auch gegen einen Aufpreis einen privaten Führer engagieren - es lohnt sich.

Vielfraße in freier Wildnis entdecken

Die bewaldeten Weiten Ostfinnlands sind eine Festtafel für die Tierwelt. Einen Vielfraß zu Gesicht zu bekommen, der in Finnland inzwischen vom Aussterben bedroht ist, ist jedoch ein seltenes Vergnügen. Diese scheuen, aber neugierigen Tiere, die zur gleichen Familie wie Wiesel und Dachse gehören, sind Einzelgänger, geschickte Kletterer und unermüdliche Wanderer. Sie sind auch Kämpfer und nehmen es oft mit Tieren auf, die viel größer sind als sie selbst, darunter Wölfe, Rentiere, Elche und sogar Bären. 

Taiga Spirit in Kuhmo ist ein auf Nachhaltigkeit bedachtes Unternehmen. Sie organisieren von März bis Oktober Vielfraß-Fotosafaris in die bewaldete Wildnis. Im Frühjahr kannst du sie durch den Schnee schleichen sehen, während sie im Herbst vielleicht gold- und rostfarben aus den Wäldern auftauchen. Neben Vielfraßen kannst du vielleicht auch Elche, Karibus, Braunbären und Auerhähne zu Gesicht bekommen.

Vogelbeobachtung in Liminganlahti

Finnland ist reich an Möglichkeiten zur Vogelbeobachtung, aber die Liminka-Bucht südwestlich von Oulu, die über den Bottnischen Meerbusen bis nach Schweden reicht, steht an erster Stelle. Die von Kiefern und Schilf gesäumte Bucht ist eines der wichtigsten Feuchtgebiete Europas und zieht Wasservögel, seltene Watvögel und Raubvögel an. Zehntausende Vögel kommen hierher, um zu nisten, zu rasten und zu fressen. Zu ihnen gehören die seltene Uferschnepfe, der Habichtskauz, die Gelbbrustammer, die Rohrdommel, die Rohrweihe und die Seeschwalbe. Der Tanz der Kampfläufer im Frühjahr, der Flug der Gänse bei Sonnenuntergang und der Herbstzug der Kraniche sind Momente unvergesslichen Staunens.

Spazierwege führen zu einer Reihe von Vogelbeobachtungstürmen rund um die Bucht, wo Ruhe, Geduld und ein gutes Fernglas die besten Ergebnisse garantieren. Wenn du mehr über die Vögel und ihren Lebensraum erfahren möchtest und hervorragende Fotomöglichkeiten suchst, kannst du an einer der eintägigen geführten Wanderungen von Finnature teilnehmen.

500 Naturerlebnisse in Europa

Viel weitere erstaunliche und wunderbare Erlebnisse in Europa präsentiert der Reiseführer "500 Naturerlebnisse in Europa". Schau doch einmal hier hinein.

Text: Kerry Walker/Lonely Planet International

Deutsche Bearbeitung: Ines Wagner

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