Lonely Planet Bildband Bücherschätze6 ungewöhnliche Bibliotheken der Welt

Bücherliebe meets Reiselust: Wir stellen 6 außergewöhnliche Bibliotheken der Welt aus dem Lonely Planet Bildband Bücherschätze vor und entführen auf eine kleine fantasievolle Lese-Weltreise.

Der holzige Duft eines Buches ist doch immer wie ein kleiner Zauber – egal, ob du gerade im Lieblingssessel versinkst oder am anderen Ende der Welt mit Zehen im Sand dein Fernweh stillst. Aber wusstest du, dass es Bibliotheken gibt, die fast selbst aus einem Abenteuerroman, einem Liebesdrama oder einem Märchen stammen könnten?

Der Lonely Planet Bildband Bücherschätze nimmt dich mit zu 50 außergewöhnlichen Bibliotheken auf der ganzen Welt. Jede einzelne davon ist ein historischer oder lebendiger Beweis: Wo Menschen sind, gibt es auch Bücher. Ob versteckt in einem Baumstumpf in Idaho, balancierend auf einem Kamelrücken in Kenia oder tief unter der Erde in Rajasthan. Bücher verbinden eben über alle Zeiten und Grenzen hinweg.

Wir nehmen dich hier mit zu 6 ausgewählten dieser 50 einzigartigen Bibliotheken. Pack‘ deine Neugier ein, schnapp‘ dir eine Ladung Inspiration und lass dich überraschen, wohin dich Bücherliebe und Reiselust führen können.

Obwohl ich Vorträge in Bibliotheken vieler Länder gehalten habe, wurde mir erst durch dieses faszinierende und informative Buch klar, dass es – frei nach Hamlet – zwischen Himmel und Erde mehr Arten von Bibliotheken gibt, als sich die meisten von uns vorstellen können.

– Nancy Pearl (amerikanische Bibliothekarin und Bestsellerautorin)

1. ungewöhnliche Bibliothek: Street Books in Oregon, USA

Unsere Reise beginnt mitten in Portland, einer der buchverrücktesten Städte der USA. Auf der anderen Seite aber auch eine der am stärksten von Obdachlosigkeit betroffenen Städte. Weil klassische Bibliotheken mit Ausweisen, Adressen und Gebühren für viele eine große Hürde darstellen, hat die Autorin Laura Moulton kurzerhand ein Lastenrad zur fahrenden Bibliothek umfunktioniert. Seit 2011 rollt Street Books durch die Stadt, hält an Brücken, Parks und Zeltlagern und verteilt Bücher an Menschen, die sonst keinen Zugang zu Literatur hätten.

Die Ausleihe funktioniert auf Vertrauensbasis, Ausweise werden ohne Papierkram ausgestellt, und wer ein Buch ausgelesen hat, gibt es entweder zurück oder reicht es weiter. So entstehen kleine Geschichten am Straßenrand, Begegnungen zwischen Menschen, die sonst oft übersehen werden. Und manchmal, wie im Fall des ehemaligen Stammkunden Ben Hodgson, wird aus einem Leser sogar selbst ein Straßenbibliothekar. Doch damit beginnt unsere literarische Weltreise gerade erst – denn auch jenseits der USA gibt es Orte, an denen Bücher Leben verändern…

2. ungewöhnliche Bibliothek: Die Kraft der Wörter in Bogotá, Kolumbien

Fast 7.000 Kilometer weiter südöstlich liegt Kolumbiens Hauptstadt Bogotá – die Heimat von José Alberto Gutiérrez, der einst als Müllfahrer Tag für Tag weggeworfene Bücher in den Straßen der reichen Viertel einsammelte und begann, diese in sein bescheidenes Haus im Viertel Nueva Gloria zu bringen. In einer Stadt, in der auf 7 Millionen Menschen gerade einmal 13 öffentliche Bibliotheken kommen, sind Bücher ein hohes Gut.

Was als Zufallsfund mit einer Ausgabe von „Anna Karenina“ begann, wuchs schnell zu einem echten Lebensprojekt von Gutiérrez: Gemeinsam mit seiner Familie sortierte, reinigte und reparierte er jeden Band, bis aus dem kleinen Fundus eine Bibliothek mit über 30.000 Büchern wurde – liebevoll „La Fuerza de las Palabras“, die Kraft der Wörter, genannt.

3. ungewöhnliche Bibliothek: Kamel-Bibliothek in Garissa, Kenia

Nicht mit der Müllabfuhr, sondern auf dem Rücken eines Kamels reiste vor nicht allzu langer Zeit eine Bibliothek durch die Savanne Kenias. Im Dorf Garissa brachte eine findige Bibliothekarstruppe Bücher zu den Wüstennomaden, indem sie jeden Morgen Kamele sattelten und mit Lesestoff, Matten und Zelten beluden. Unter sengender Sonne wurde so aus dem Zelt eine Pop-up-Bibliothek, in der neugierige Kinder und wissbegierige Eltern in Geschichten und Sachbüchern stöberten. Doch irgendwann wurde das Projekt zu teuer, die Kamele mussten in Rente gehen und wurden von Motorrädern abgelöst.

Die Kamel-Bibliothek in Kenia ist heute zwar Geschichte, aber ihre Idee lebt weiter: In Rajasthan oder Pakistan bringen noch immer beladene Kamele Bücher dorthin, wo Kinder sonst nur schwer Zugang zu Geschichten hätten.

4. ungewöhnliche Bibliothek: Einsame Bibliothek in Qinhuangdao, China

Du sehnst dich nach Ruhe? Nach einem Ort, an dem du nur das Rauschen der Wellen und das Rascheln der Buchseiten hörst? Es mag überraschend klingen: Willkommen in Chinas „Lonely Library“ am Strand von Beidaihe, die wohl weltweit abgelegenste Lese-Oase für Tagträumer und Meerespoeten. Während viele Bibliotheken mit Größe, Prunk oder Tradition punkten wollen, setzt dieser kantige Betonbau ganz auf Stille und Weite. Windumtost und allein, als wäre er aus einem Sci-Fi-Film ans Ufer gespült worden. Drinnen warten 10.000 Bücher, riesige Fenster, die das tosende Meer zum Bühnenbild machen. Kurz: Der perfekte Sehnsuchtsort für alle, die beim Lesen gerne das Wasser in Gesellschaft haben.

5. ungewöhnliche Bibliothek: Privatbibliothek vom Bruno Schröder in Mettingen, Deutschland

Nicht minder unscheinbar wirkt der nächste Stopp unserer Bibliotheken-Weltreise auf den ersten Blick. In einem stinknormalen Hause im westfälischen Mettingen baute der pensionierte Ingenieur Bruno Schröder eine der skurrilsten Privatbibliotheken Deutschlands. Über Jahrzehnte hinweg sammelte er rund 80.000 Bücher und verwandelte sein Zuhause in ein literarisches Labyrinth – vom Keller bis unters Dach. Die Bücher bringen ein geschätztes Gesamtgewicht von 15 Autos auf die Waage. Nach seinem Tod 2022 hinterließ er kein Testament zur Zukunft seiner Bibliothek. Seither steht sie unberührt, ein stilles Monument seiner Leidenschaft. Noch weiß niemand, was mit den Büchern geschehen soll. Doch bis dahin warten sie geduldig in den Regalen unter ihresgleichen auf das nächste Kapitel.

6. ungewöhnliche Bibliothek: Little Free Library am Südpol, Antarktis

Nach den vollen Bücherregalen in Mettingen führt unsere Reise abschließend in die Antarktis. In eine Welt aus Eis und Schnee, rau und menschenleer – aber doch nicht ganz ohne Geschichten. Selbst am Ende der Welt, wo das Leben auf ein Minimum reduziert ist, finden Bücher ihren Platz. Wie eine Fata Morgana in der Wüste, erscheint mitten im ewigen Weiß ein kleines Bücherregal, die „Little Free Library“ direkt am geografischen Südpol.

Ob Sachbuch, Roman oder Bildband: Jedes Buch ist ein kleiner Lichtblick im ewigen Winter, eine Verbindung zur Welt draußen und Beleg dafür, dass Bücher selbst die kälteste Einsamkeit durchbrechen können.

Egal, ob auf Rädern in Portland, im Müll in Bogotá, auf Kamelen, an einsamen Stränden, daheim im Wohnzimmer oder im ewigen Eis: Die schönsten Abenteuer beginnen oft dann, wenn du ein Buch aufschlägst. Und das am besten unterwegs auf Reisen, oder?

Text: Hannah Hülsmann

 

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