Wunder der TierweltAcht ungewöhnliche Tierwanderungen

Jedes Jahr begeben sich Millionen von Tieren auf gigantische Wanderungen über tausende von Kilometern. Viele dieser erstaunlichen Migrationen geben noch immer Rätsel auf.

Die meisten Menschen haben schon einmal von der größten Säugetierwanderung der Welt gehört - wenn jedes Jahr Millionen von Gnus, begleitet von Zebras und Gazellen, von der Serengeti in Tansania bis in die Masai Mara in Kenia ziehen. Auch die erstaunlichen Migrationsbewegungen von Buckelwalen zwischen ihren antarktischen Nahrungs- und subtropischen Brutgebieten sind bekannt.

Doch die wenigsten Menschen wissen, dass es in der zauberhaften Welt der Natur auf der ganzen Welt noch viele weitere, teils ganz erstaunliche Tierwanderungen gibt. Wir haben acht der skurrilsten zusammengestellt.

Goldene Quallen

Während durchaus bekannt ist, dass Quallen zum Driften die Meeresströmungen nutzen, macht die Goldene Qualle im berühmten Jellyfish Lake auf dem Eiland Eil Malk vor der Insel Koror im südpazifischen Inselstaat Palau alles anders. Sie begibt sich mit Millionen ihrer Artgenossen jeden Tag aufs Neue auf eine ganz außergewöhnliche Reise.

Die Goldenen Quallen, eine Medusenart, die für Menschen ungiftig ist, folgen in einer täglichen Wanderung dem Bogen der Sonne am Himmel. Jeden Morgen sammeln sie sich am Westufer des Quallensees, um eine horizontale Reise in Richtung der aufgehenden Sonne anzutreten. Sie stoppen kurz vor den Schatten der Bäume am Ufer, weil dort ihre natürlichen Feinde, die Anemonen, leben. Während die Sonne hoch am Himmel steht, treten die goldgelben Medusen nach einer Pause am frühen Nachmittag den Rückweg an. In Spitzenzeiten bevölkern bis zu 30 Millionen der Quallen den See - ein Spektakel, das insbesondere Taucher anlockt.

Unser Tipp: Palaus berühmter Quallensee kann das ganze Jahr über auf Ausflügen von der Hauptinsel Koror aus besucht werden. Die trockeneren Monate von November bis April sind jedoch hinsichtlich des Wetters am besten geeignet.  

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Monarchfalter

Jedes Jahr im September oder Oktober beginnen die schwarz-goldenen Monarchfalter ihre Massenmigration aus ihren Gefilden im südlichen Kanada und dem Osten der Vereinigten Staaten zu ihren Plätzen in Mexiko und Kalifornien, wo sie millionenfach in Bäumen und Büschen zusammenkauern, um zu überwintern. Aber im Gegensatz zu anderen Tieren, die ebenfalls epische Wanderungen durchführen, kehren diese Schmetterlinge nicht zurück. Wenn sie im Mai die Rückreise antreten, halten die Weibchen unterwegs an, um Eier zu legen. In wenigen Tagen schlüpfen gestreifte Raupen. Sie fressen große Mengen von Wolfsmilchpflanzen, bevor sie sich verpuppen und sich schließlich wiederum in Schmetterlinge verwandeln. Diese neue Monarchfaltergeneration steigt dann gemeinsam in den Himmel auf, um einige hundert Kilometer nach Norden zu fliegen. Diesen Vorgang wiederholen sie bis zu fünf Generationen lang, ehe die Reise schließlich abgeschlossen ist.

Unser Tipp: Ein Besuch des Monarchfalter Reservates in Zentralmexiko lohnt sich besonders zwischen Januar und März, wenn die Schmetterlingspopulation ihren Höhepunkt erreicht hat.

Küstenseeschwalben

Küstenseeschwalben verlassen ihre Sommerbrutstätten in Grönland, um dem Winter zu entkommen. Sie fliegen die unglaubliche Strecke bis zum Weddellmeer an den Ufern der Antarktis, bevor sie am Ende des antarktischen "Sommers" auf der sogenannten längsten Migrationsroute, die weltweit von Tieren zurückgelegt wird, wieder zurückkehren. Die Vögel, die sich auf dem Flug von Wasser ernähren, fliegen dabei nicht einmal auf direktem Wege. Sie nehmen eine über 70.000 Kilometer lange S-förmige Route in beide Richtungen. Ausgehend von einer ungefähren Lebensdauer der Seeschwalbe von 34 Jahren fliegen diese ungewöhnlichen Vögel  in ihrem Leben durchschnittlich dreimal zum Mond und zurück.

Unser Tipp: Küstenseeschwalben kann man auf unterschiedlichen Abschnitten ihrer Migrationsroute sichten: von ihren Sommerbrutgebieten auf der Nordhalbkugel in Grönland bis zu den Azoren, die zu Portugal gehören, wo sie auf ihrem Rückweg nach Norden im Mai einen Boxenstopp einlegen.

Langusten

Diese scherenlosen Krebstiere, die in der Karibik vorkommen, durchlaufen eine der ungewöhnlichsten Wanderungen unter dem Meeresspiegel. Zu Beginn eines jeden Sommers stellen sie sich in langen Schlangen auf und marschieren vor der Küste vom flachen in tieferes Wasser über den Meeresboden hinweg. Warum, hat man noch immer nicht mit Sicherheit herausfinden können. Man geht davon aus, dass sie zum einen der karibischen Sommerstürme wegen im tieferen Wasser Zuflucht suchen. Außerdem wird angenommen, dass die eiertragenden Weibchen zur besseren Entwicklung ihrer Nachkommenschaft in kühlere Gewässer ziehen. Wenn der Herbst kommt, geht die Wanderung retour in flache Gewässer, um sich dort von Neuem zu paaren. Obwohl noch immer nicht genau bekannt ist, warum die Langusten eine einzige, lange Linie bilden, nehmen die Wissenschaftler an, dass die Polonaise-Formation dazu beiträgt, diese friedlichen Arthropoden vor Feinden zu schützen.

Unser Tipp: Gruppen dieser nachtaktiven Gliederfüßer lassen sich mit etwas Glück zu Beginn des Sommers bei einem Nachttauchgang in der Karibik beobachten.

Zwergflamingos

Jedes Jahr im August strömen die nomadischen Zwergflamingos aus Afrika südlich der Sahara in die Seen des Great Rift Valley in Ostafrika, vor allem in den Lake Bogoria in Kenia. Dort ernähren sie sich von mikroskopisch kleinen Blaualgen, eigentlich Cyanobakterien, die auch unter dem Namen Spirulina bekannt sind. Im November fliegen sie dann zum Natronsee im Norden Tansanias, um sich zu paaren und zu nisten. Oft sind es weit über zwei Millionen Exemplare, die wie rosa Schleier über dem Wasser wogen und einen wahrhaft atemberaubender Anblick darstellen.

Unser Tipp: Die Zwergflamingos lassen sich zusammen mit anderen Flamingos in der Regel von August bis November im Bogoria-See beobachten. Viele von ihnen nisten bereits ab etwa September im Natronsee, die Küken schlüpfen normalerweise im Dezember.

Hammerhaie

Über die Migrationsmuster von Hammerhaien war bis 2011 wenig bekannt, als eine Studie der Universität von Miami einen Hammerhai erfolgreich per Peilsender verfolgte. Er legte in 62 Tagen satte 1.200 Kilometer von Südflorida bis zur Mitte des Atlantiks vor der Küste von New Jersey zurück. Die Meeresnomaden versammeln sich in einem Gebiet zwischen den Galapagos-Inseln, die zu Ecuador gehören, der kolumbianischen Insel Malpelo und dem zu Costa Rica gehörenden Cocos Island. Das Gebiet ist auch bekannt als "Hammerhaidreieck". In dieser Region werden das ganze Jahr über Hammerhaie gesichtet. In den Sommermonaten halten sie sich in Gruppen von bis zu 200 Exemplaren um die unbewohnte Insel Cocos auf, die etwa 550 Kilometer vor der Westküste Costa Ricas liegt. Dort werden sie von im Meereswasser schwebenden Nährstoffen angezogen. 

Unser Tipp: Wer zwischen Juni und Dezember eine Tauchsafari zum Cocos Island macht, hat bei Tauchplätzen wie Bajo Alcone, Dirty Rock und Punta Maria gute Chancen, Exemplare der ungewöhnlichen Haiart zu beobachten.

Fruchtfledermäuse

Jedes Jahr im Oktober wird der Himmel Zentralafrikas dunkel, wenn mehr als zehn Millionen strohfarbene Fruchtfledermäuse vom Kongobecken zum Kasanka-Nationalpark in Sambia pilgern, um sich von den Wasserbeeren, Mangos, wilden Wollmispeln und roten Milchholzbeeren zu ernähren, die es in dieser Jahreszeit dort im Überfluss gibt. Während der Wanderung verschlingen die Fledermäuse jede Nacht etwa zwei Kilo dieser fruchtigen Ambrosia. Bis die nächtlichen Räuber Ende Dezember ihre Reise beenden, haben sie sämtliche Bäume auf ihrer Reise leer gefressen. 

Unser Tipp: Ein Führer ist empfehlenswert, wenn man die Fledermäuse im Kasanka-Nationalpark beobachten möchte. Dort wurden in den Baumwipfeln versteckte Aussichtsplattformen für nächtliche Fledermaus-Safaris geschaffen.

Rotseidige Strumpfbandnattern

Jedes Jahr Ende Herbst reisen Tausende von Rotseitigen Strumpfbandnattern bis zu 32 Kilometer weit, um gemeinsam in den riesigen Höhlen in Manitoba zu überwintern. Das Phänomen gilt als die größte Schlangenversammlung der Welt. Im Frühling winden sich weit über 100.000 Reptilien etwa gleichzeitig aus ihren Höhlen. Das Spektakel ist nichts für schwache Nerven und gleich gar nichts für Menschen, die unter Ophidiophobes, der Schlangenphobie, leiden. Nachdem sie sich während der Sommermonate in der Gegend verteilt haben, um genügend Nahrung zu finden, kehren die leicht giftigen Schlangen, die jedoch nicht aggressiv gegenüber Menschen sind, im September in ihr Gebiet zurück.

Unser Tipp: Wer Zeuge des beeindruckenden Schauspiels sein möchte, wie die Reptilien aus den Höhlen auftauchen, besucht die Schlangenhöhlen etwa Mitte Mai. Sie befinden sich einige Meilen nördlich von Narcisse, etwa eine Autostunde nördlich von Winnipeg.

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Original-Artikel: Sarah Reid/Lonely Planet international

Deutsche Fassung: Ines Wagner

 

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